Der Brunnen lässt sich auf dem Marktplatz, ein paar Meter vor dem Eingang ins Rathaus, lokalisieren. Dabei existieren viele Namen für den Brunnens: Er wird „Brunnen am Marktplatz“, „Marktbrunnen“ oder aber auch „Rolandbrunnen“ genannt, wobei die ersten beiden die Lage direkt beschreiben und letzteres auf die Figur auf dem Brunnen anspielt. Der Ausdruck Rolandbrunnen hat eine besondere Geschichte, welche weiter unten genauer erläutert wird. Der Brunnen ist Bestandteil der Hildesheimer Rosenroute, einer Art Sightseeing-Tour durch Hildesheim.
Das 1,90 m hohe Brunnenbecken zeigt insgesamt 12 Männer, welche sich, bis auf einen, anhand der ebenfalls auf dem Brunnen dargestellten Bibelstellen des alten Testaments identifizieren lassen. Die Nordseite des Brunnens ist geschmückt mit den Männern des Volkes Israel, während die Südseite Könige des Stammes Judas und Benjamins zeigt. Die Männer tragen Rüstungen im Stil der Renaissance. Der Brunnen selber ist relativ schlicht gehalten; um die Jahrtausendwende wurden an allen acht Ecken Blumen hinzugefügt.
Der Entwurf des Brunnens soll im Jahre 1540 von einem Braunschweiger Baumeister namens Barward Tafelmaker erstellt worden sein. Erbauer war dann allerdings der Bildhauer Hennig Warneke. Er versah die Füllungen des achtseitigen Beckens mit figürlichen, der Antike entnommenen Motiven. Anfänglich benutzte man den Brunnen noch als Trinkwasserbrunnen, da Trinkwasser im späten Mittelalter noch nicht so einfach gewonnen werden konnte.
1545 entschloss man sich dazu, eine Figur zum Zwecke des Schmucks auf den bestehenden Brunnen zu setzen, der die Stadt gewissermaßen schützen sollte. Diese Figur nannte man dann „Roland“. Als Rolandfigur wird eine Statue oder eine Figur bezeichnet, welche ein Schwert sowie eine Rüstung oder einen Mantel trägt. In den allermeisten Fällen hält diese auch ein Schild in den Händen. Jedoch trägt die Figur auf dem Marktbrunnen kein Schwert, sondern schon immer einen Speer. Aufgrund dessen handelt es sich hierbei um den „Roland“ auf dem Brunnen einzig um einen einfachen Wächter und um keinen Roland. Der Wächter sollte stellvertretend für die Marktfreiheit, Handelsprivilegien sowie die Unabhängigkeit und das Wachstum Hildesheims im Spätmittelalter stehen. 1651 hingegen wurde die Brunnenfigur erstmals schriftlich als Roland bezeichnet, wodurch sie gewissermaßen einen Aufstieg erfuhr. Roland selber soll ein Paladin Karls des Großen um die Zeit 780 n. Chr. gewesen sein. Dabei ist die Figur des „Rolands“ weltweit vertreten, offensichtlicherweise auch in Deutschland. Neben dem Rolandbrunnen sind hier „Roland der Riese“ am Rathaus Bremens oder die Rolandstatue am Rathaus der Stadt Brandenburg zu nennen.
Der Brunnen blieb während des Zweiten Weltkrieges von Zerstörung verschont und überstand auch den Bombenangriff auf Hildesheim im März 1945. Der Brunnen wurde unter den Trümmern der Zerstörung begraben, einzig die obere Figurenhälfte ragte hinaus. Während der Besatzung durch die Alliierten wurde der Brunnen Opfer mutwilliger Zerstörung. Amerikanische Soldaten zerschossen die Wächterfigur, sodass diese sich vom Brunnen löste und abfiel. Der Brunnen wurde nach Kriegsende wiederaufgebaut, hatte aber auch in den folgenden Jahren Probleme mit Saboteuren. 1986 schließlich hat die Stadt eine Nachbildung des Originals von 1540 entwickeln und errichten lassen. Kurioserweise geschah dies auch durch die Planung einer Tiefgarage, bei der sich herausstellte, dass der Unterbau des Brunnens im Laufe der Jahrhunderte einige Problemstellen entwickelt hatte. Weitere Quellen gehen davon aus, dass der Brunnen früher rot gewesen sei, da bei Bauarbeiten zu großen Teilen ein roter Farbton auf dem Brunnengestein zu sehen war.
Historisch gesehen ist der Hildesheimer Marktbrunnen durchaus von Bedeutung, schließlich war der Brunnen über viele Jahrhunderte eine Konstante im Stadtbild Hildesheims – bis heute. Darüber hinaus ist der Brunnen eine große Attraktion, auch aufgrund der Lage am Marktplatz und am Rathaus.
Erik Müller und Nicolas Benjamin Markgraf, Mariano-Josephinum
(Q2 2022/23)
Quellen:
Best. 800 Nr.1276: