Der Brunnen am Neustädter Markt mit Nachtwächterstatue und Katzen soll an folgende Hildesheimer Legende erinnern:
„Ein Nachtwächter in Hildesheim schlug, als er die Runde machte, nach einer großen, schwarzen Katze, die ihm im Wege saß. Knurrend und prustend sprang die Katze zur Seite. Als aber der Nachtwächter ans Ende der Straße kam, saßen ihm zwei solche Katzen im Wege. Ärgerlich nahm er seinen Spieß und warf ihn nach den Katzen. Diese sprangen wieder prustend zur Seite, taten zum Schrecken des Nachtwächters ihren Mund auf und sprachen: „Wenn wir nur erst zu dreien sind, wirst du deinen Lohn schon bekommen.“ Da schlug der erschrockene Mann ein Kreuz und tutete seine Kameraden herbei. Allein statt der übrigen Nachtwächter kam ein ganzes Heer von Katzen herbei und stürzte sich auf den Mann los. Ein Glück war’s für ihn, daß oben auf dem Turme „die Eins aushob“; denn noch war der Schlag nicht heraus, als die Katzen nach allen vier Winden auseinanderstoben und verschwanden. Die übrigen Nachtwächter hatten von seinem Tuten nichts gehört. Der hat des Nachts nie wieder nach einer Katze geschlagen.“
1911 stellte Max Leeser – Kommerzienrat, Gründer der Hildesheimer Bank und Ehrenbürger – die Mittel für die Errichtung des Katzenbrunnens, anstelle des alten, unförmigen Kastenbrunnens auf dem Neustädter Markt zur Verfügung. Gestaltet wurde der Brunnen von Professor Ferdinand Seeboeck aus Wien. Fertiggestellt wurde er am 26. Juni 1913.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der bronzene Nachtwächter für Kriegszwecke demontiert und eingeschmolzen. Danach stand der Sockel über 30 Jahre lang leer. Der Versuch einer Neugestaltung des außerordentlich beliebten Brunnens durch den Bildhauer Prof. Scheuernstuhl aus Hannover fand bei der Bevölkerung keinen Anklang. Spöttisch wurde der Entwurf als „Aschenbecher“ beschimpft.
Entwurf für eine Neugestaltung des Brunnens nach dem Zweiten Weltkrieg© Stadtarchiv Hildesheim
Foto: Hildesheimer Heimatkalender 1971, S. 11
1975 ergriff der Hildesheimer Rotary-Club aus Anlass seines 70. Geburtstags die Initiative: Er finanzierte sowohl die Reparatur des Brunnens mit den Katzen als auch eine Nachbildung der ursprünglichen Nachtwächterstatue. Diese Nachbildung schuf der Bildhauer Erich Jaekel aus Frankfurt, der mit der Formensprache von Ferdinand Seeboeck vertraut war. Architekt des Restaurierungsunternehmens war Professor Lehinant aus Uppen. Die Einweihung erfolgte im März 1976.
Text: Linda Oerzen
Katzenbrunnen auf dem Neustädter Marktplatz© Stadtarchiv Hildesheim
Foto: Stadtarchiv Hildesheim Best. 951 Nr. 2068/1
Literatur und Quellen