Nach dem Übergang Hildesheims an das Königreich Hannover 1813 änderten sich die Verhältnisse in Hildesheim zunächst nur wenig. Das Stadtbild blieb bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts weitgehend unverändert. 1823 wird Hildesheim Sitz einer hannoverschen Landdrostei, Vorläufer der späteren Bezirksregierung, die für den südlichen Teil des Königreichs zuständig ist. 1848 kommt es auch in Hildesheim wie in vielen anderen Landesteilen zu revolutionären Ausschreitungen unter dem Advokaten Friedrich Weinhagen, die aber schnell beendet werden.
Wirtschaftlicher Aufschwung und kulturelle Blüte
1866 fiel Hildesheim mit der Annektierung des Königreichs Hannover an Preußen, dessen Schicksal es bis zur Gründung des Landes Niedersachsen 1946 teilte. Unter preußischer Herrschaft insbesondere nach der Gründung des Deutschen Reichs 1871 verändert sich das Stadtbild ebenso wie die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts war die Stadt über die Grenzen ihrer mittelalterlichen Stadtbefestigungen hinausgewachsen, der Wirtschaftsboom der Gründerjahre veränderte die Ansichten ganzer Straßenzüge. Prägten bis dahin weitgehend Fachwerkbauten das Bild der Innenstadt, entstanden jetzt im Zentrum der Stadt moderne Bauten, Geschäftsräume mit großen Schaufenstern waren Zeichen einer wachsenden Wirtschaft.
Gleichzeitig gelang es der Stadt Hildesheim insbesondere unter dem Oberbürgermeister Gustav Struckmann (1875-1909) mit Gestaltungssatzungen Einfluss auf die Neubautätigkeit in der Innenstadt zu nehmen. Schützenswerte Baudenkmäler konnten so erhalten werden. Große Fortschritte machte in der Zeit des Kaiserreichs auch die städtische Infrastruktur. Das Gaswerk, Elektrizitätswerk und Städtisches Krankenhaus wurden gegründet, seit 1905 fuhr eine elektrische Straßenbahn durch die engen Straßen der Innenstadt. Die Anbindung der Stadt an das Eisenbahnnetz wurde durch den Ausbau neuer Strecken nach Goslar und Halle sowie nach Braunschweig und Peine erheblich verbessert.
1911 und 1912 konnte schließlich das Stadtgebiet um die Gemeinde Moritzberg bzw. den Gutsbezirk Steuerwald erweitert werden. Auch kulturell erlebte Hildesheim mit der Gründung des Roemer-Museums, des Pelizaeus-Museums, eines Theaters und der Stadtbibliothek eine Blütezeit.
Weltkriege, unruhige Zeiten und Zerstörung
Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs endete diese Phase wirtschaftlichen Aufschwungs und sozialen Fortschritts. Kriegsbedingte Maßnahmen wie die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Heizmaterial, die Betreuung der Familien von Kriegsteilnehmern usw. waren jetzt zentrale Aufgaben der Stadtverwaltung unter dem neuen Oberbürgermeister Ernst Ehrlicher (1909-1937, 1945).
In der Zeit der Weimarer Republik wirkten sich die verschiedenen Krisensituationen mit Inflation und hoher Arbeitslosigkeit auch in Hildesheim aus, radikale Bewegungen hatten aber in der Stadtpolitik, die wesentlich von liberalen Parteien, Sozialdemokraten und Zentrum bestimmt wurde, wenig Einfluss.
Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler im Januar 1933 gelang es den Nationalsozialisten auch in Hildesheim sehr schnell, die Macht an sich zu reißen, obwohl sie bei den Kommunalwahlen im März 1933 nur rund 33% der Stimmen erhalten hatten. Nach dem Ende der Weltwirtschaftskrise verbesserte sich aber auch in Hildesheim die wirtschaftliche Situation in Hildesheim, die Arbeitslosigkeit ging drastisch zurück. In den Randbezirken der Stadt entstanden neue Wohnsiedlungen, 1938 konnte das Stadtgebiet um die Gemeinden Neuhof und Drispenstedt erweitert werden, neue Fabriken wie die "Trillkewerke" im Hildesheimer Wald, das heutige Boschwerk, entstanden. Gleichzeitig verschärfte sich aber auch die Verdrängung der Juden aus dem Wirtschafts- und Kulturleben der Stadt. 1942 wurden die verbliebenen Hildesheimer Juden in die Vernichtungslager deportiert.
Von den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs blieb die Stadt zunächst verschont. Erst zwei Luftangriffe am 22. Februar und am 22. März 1945 vernichteten die einstige Fachwerkpracht. Hildesheim gehörte mit 40% vernichtetem Wohnraum zu den am stärksten zerstörten Städten in Niedersachsen.
Wiederaufbau und Modernisierung
Unmittelbar nach Kriegsende stand die Stadt und der im Herbst 1945 von den Besatzungsmächten ernannte Rat mit der Trümmerbeseitigung, Wohnraumbeschaffung und der Lebensmittel- und Energieversorgung der Bevölkerung vor gewaltigen Problemen. Nach der Beseitigung der Trümmerberge begann ab 1947 der Wiederaufbau einer Stadt mit modernen Neubauten. Bei den Planungen wurden in der Stadt auch an verschiedenen Stellen die noch mittelalterlich-engen Straßen verbreitert und neue Verkehrswege angelegt.
Mit der Entscheidung der frühen 1950er-Jahre, das weltberühmte Knochenhaueramtshaus von 1529 nicht wieder aufzubauen und den Marktplatz zu erweitern, konnten sich die Hildesheimer aber nie recht anfreunden. Jahrzehntelange Bemühungen, den Marktplatz in seiner historischen Form wiederherzustellen, wurden schließlich 1989 von Erfolg gekrönt.
Martin Hartmann (2006)