Der 20 Meter hohe Bismarckturm auf dem Nordhang des Galgenberges wurde zu Ehren des 1898 verstorbenen Reichskanzlers Otto von Bismarck errichtet. Über eine Steintreppe, die in eine Spindel-Metalltreppe übergeht, gelangt man auf die heute als Aussichtsplattform genutzte Spitze des Turms, die einen weiten Blick über Hildesheim ermöglicht und damit ein beliebtes Ausflugsziel darstellt. Über der Eingangstür befindet sich eingemeißelt das Einweihungsdatum. Zudem können Besucher auf der dem Eingang gegenüberliegenden Seite am Säulenschaft ein Relief des Reichsadlers erblicken.
Bereits 1899 lag der Stadt Hildesheim ein Antrag der Ortsgruppe des Alldeutschen Verbandes vor, in dem die Aufstellung einer Bismarcksäule auf einer der Höhen in der Umgebung der Stadt gefordert wurde. Vorausgegangen war ein Aufruf der Deutschen Studentenschaft, der in zahlreichen Zeitungen erschienen war und das Vorhaben wie folgt formuliert hatte: Wie vor Zeiten die alten Sachsen und Normanen über die Leibern ihre gefallenen Recken schmucklose Felsensäulen auftürmten, deren Spitzen Feuerfanala trugen, so wollen wir unserem Bismarck zu Ehren auf allen Höhen unserer Heimat, von wo der Blick über die herrlichen deutschen Lande schweift, gewaltige granitene Feuerträger errichten. Überall soll ein Sinnbild der Einheit Deutschlands, das gleiche Zeichen erstehen, in ragender Größe, aber einfach und prunklos, auf massivem Unterbau eine schlichte Säule, nur mit dem Wappen und Wahlspruch des eisernen Kanzlers geschmückt. Keinen Namen soll der gewaltige Stein tragen, aber jedes Kind wird ihn dem Fremden deuten können: „Eine Bismarcksäule!“ (Stadtarchiv Hildesheim, Best. 102, Nr. 5811).
Am 21. April 1899 war in Eisenach ein Preisgericht zusammengetreten, dessen Aufgabe es im Rahmen eines Architektenwettbewerbs war, eine Entscheidung bezüglich der Gestaltung der „Bismarcksäule“ zu treffen. Das Preisgericht bestand aus fünf namhaften Architekten sowie je einem studentischen Vertreter aus Bonn, Heidelberg und Berlin. Aus 317 vorgelegten Entwürfen wurde letztendlich der Entwurf „Götterdämmerung“ des Architekten Wilhelm Kreis ausgewählt, da Kreis laut Preisgericht „die Aufgabe, eine einfache, aber zugleich originelle und wuchtige, der Persönlichkeit Bismarcks entsprechende Form zu finden, vollständig gelöst hat.“ (Krauskopf 2002, S. 128) Ohne aufwendiges ornamentales Beiwerk, wuchtig, urwüchsig und prunklos, ganz im Sinne des Alldeutschen Verbandes präsentierte sich das Denkmal. Damit ist sie eine von insgesamt 47 Säulen, die nach dem preisgekrönten Entwurf errichtet wurden.
Im Mai 1901 wurde ein „Ausschuss für die Errichtung der Bismarcksäule“ unter Vorsitz des Sanitätsrates Dr. E. Müller gebildet, der sich mit Nachdruck für den Bau der Säule einsetzte. Mit dem Aufruf des Komitees für die Errichtung einer Bismarcksäule am 27. November 1901 in den Hildesheimer Zeitungen gingen zahlreiche Spenden ein, was die Finanzierung sicherte.
Am 26. Februar 1902 besichtigte Architekt Wilhelm Kreis die in die engere Wahl genommenen Standorte. Dazu zählten unter anderem der Osterberg, der Steinberg sowie ferner das Berghölzchen. Sie erwiesen sich jedoch als ungeeignet und so sprach sich Kreis in seinem Gutachten letztendlich für den Galgenberg aus.
Verbunden mit der Installation einer Feuerschale war ursprünglich eine reine Feuersäule vorgesehen. Jedoch wurde mehrfach der Wunsch geäußert die Säule auch ersteigbar zu machen, dem die städtischen Kollegien am 22. Mai 1902 entsprachen.
In einer gemeinsamen öffentlichen Sitzung entschieden sich der Magistrat und das Bürgervorsteherkollegium sowohl für den Standort auf dem Galgenberg sowie für die Bewilligung eines Zuschusses von 3000 Mark; davon 600 Mark für Erdarbeiten und 2400 für die Treppenanlage im Inneren des Turms zur Plattform.
Die Vergabe der Arbeiten erfolgte am 28. Juli 1902 an Hildesheimer Firmen. So erhielt Architekt W. Braul die Bauleitung und für die Ausführung war der Architekt und Maurermeister Karl Kattentidt zuständig.
Das gesamte Monument wurde aus bossierten, grob gebeilten und geflächten Kalksteinquadern (Dolomit aus dem Ith) gefertigt, deren Gesamtgewicht auf über 2500 Tonnen geschätzt wird. Die Bauarbeiten begannen am 19. August 1902 und endeten am 1. Mai 1903. Zu Verzögerungen der Einweihung kam es, da es offene Fragen zur Befeuerung gab. Oberbürgermeister Gustav Struckmann befürchtete ein Ausgreifen des Feuers durch Funkenflug auf den nahegelegenen Wald. Nachdem mehrere Versuche mit Gasbefeuerung fehlgeschlagen waren, wurde schließlich das Abbrennen einer Torfmischung gestattet. Die Probebefeuerung der auf der Spitze des Denkmals angebrachten Feuerschale aus Eisenblech erfolgte am 15. März 1904.
Die insgesamt 43.512 Mark teure Bismarcksäule feierte ihre Einweihung schließlich unter großer Beteiligung am 1. April 1905 – zum 90. Geburtstag von Bismarck.
Durch gemeinsame Handlungen, wie das Zünden und Abbrennen von Feuer, Gesänge und anschließende ausladende Feierlichkeiten mit Theater- und Turndarstellungen der Studenten in den darauffolgenden Jahren wurde die Funktion und Bedeutung des Denkmals als ein Symbol für die Einheit der Deutschen unterstrichen. Bis zum Verbot von Umzügen und Versammlungen unter freiem Himmel im Jahr 1930 zogen die Bürger Hildesheims alljährlich am Vorabend von Bismarcks Geburtstag mit brennenden Fackeln zum Galgenberg.
Text: Joanne Osterloh
Der Bismarckturm am Galgenberg© Stadtarchiv Hildesheim
Foto: Stadtarchiv Hildesheim Best. 953 Nr. 1209
Quellen
Literatur